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Kapitel 6

Dinner in PEKING

Reise zu den Ursprüngen in Peking: Ente und mongolisches Lamm.

Autoren der Kapitel

JEFFREY S. KINGSTON

Autoren der Kapitel

JEFFREY S. KINGSTON
Dinner in PEKING
Dinner in PEKING
Ausgabe 15 Kapitel 6

ZWEI TEMPEL regionaler Spezialitäten, die sich deutlich voneinander unterscheiden.

Wenn Sie sich am nächsten Cocktail zum Narren machen wollen, halten Sie eine leidenschaft liche Rede über die Globalisierung, als offerierten Sie Perlen der Weisheit. Doch was genau wollen Sie mit Ihrem Diskurs sagen? Und in welcher Steinzeithöhle haben Sie die letzten zwanzig Jahre verbracht? Niemand zweifelt daran, dass wir in einer globalisierten Welt leben, uns immer enger zusammendrängen und alles immer schneller wird. Und obwohl die Globalisierung in vielen Bereichen intensivist, scheint sie nirgendwo tiefer verwurzelt als beim Essen. Heute sind die Küchen der Welt in allen Großstädten präsent. Man braucht nicht weit zu reisen, ein Bummel ins Ausländerviertel genügt, und alles ist vorhanden.

Fast, aber nicht ganz. Trotz aller Globalisierung gibt es einige Dinge, die an der Quelle getestet werden müssen. Nirgendwo gilt der Heimvorteil mehr als in Peking, wo sich insbesondere zwei Restaurants als Referenzpunkte etabliert haben: das „Da Dong“ für die Pekingente und das „Jing Wu Zhen“ für das ganze mongolische Lamm. In beiden Fällen wird das Gebotene nirgendwo anders auf dieselbe Art und Weise zubereitet, mögen sich Köche, die von Peking in alle Welt ausgewandert sind, mit ihren Rezepten noch so sehr bemühen. Bemerkenswert ist zudem der krasse Gegensatz zwischen diesen beiden Tempeln regionaler Spezialitäten: Der eine sprüht vor Luxus und Glamour, im andern herrscht provinzielle Rustikalität.

„Da Dong“. Kann eine Person im Alleingang einen solch langen Schatten werfen, dass nur schon die Erwähnung eines legendären, seit Jahrhunderten existierenden Gerichts ihren Namen wachruft ? Chefkoch Dong Zhenxiang erreichte genau das; er und seine heute acht Restaurants in Peking (plus zwei Neueröff nungen in Schanghai) wurden zum Synonym für die Pekingente. Er ist der Maßstab für dieses Gericht. Das hat nichts mit Zufall oder Glück zu tun. Dong erkämpft e sich seinen Titel durch außergewöhnlich harte Arbeit und wie alle großen Köche der Welt durch obsessive Liebe zum Detail.

Ein Privatraum im „Da Dong“.

Ein Privatraum im „Da Dong“.

Ein Privatraum des „Jing Wu Zhen“.

Ein Privatraum des „Jing Wu Zhen“.

Dinner in PEKING

Die eiserne Regel des „Da Dong“: DIE ENTEN RÖSTEN ÜBER BRENNENDEM OBSTBAUMHOLZ.

Dongs Vater war ein Koch, der ihm großen Respekt und Wertschätzung für die Traditionen der Pekinger Küche einflößte und ihn anspornte, eine Kochschule zu absolvieren. Danach folgten Ausbildungen in verschiedenen Lokalen Pekings. Diese Laufb ahn – Kochen als Familienerbe, formale Schulung, Lehrstellen und Weiterbildung in mehreren Restaurants – ist ein vertrauter Refrain, der dem Werdegang zahlreicher Chefk öche rund um den Globus gleicht. Es gab indessen ein Problem. Dies alles fand in der Zeit statt, als der chinesische Staat sowohl die Schule leitete als auch die Restaurants besaß und führte.

Dennoch war Dong sozusagen von Anfang an Unternehmer. Als der Staat 1985 die Kontrollrestriktionen zu lockern begann, eröffnete er sein erstes Restaurant. Bei unserem unlängst genossenen gemeinsamen Dinner war es fast unmöglich, sich dieses Lokal so vorzustellen, wie er es beschrieb. Wir saßen in seinem neusten „Beijing Da Dong“, einem 1,2-MilliardenYuan-Tempel für die Ente, in dem der Luxus aus allen Poren dringt, vom Labyrinth der blau beleuchteten Eingangswege bis zu den opulenten Privaträumen rund um schimmernde Teiche. Daneben wirken Dongs Schilderungen seines ersten Lokals, in dem er alle Hände voll zu tun hatte, um den Rauch der gerösteten Enten zu vertreiben, wie Geschichten aus der Urzeit. Damals strampelte er sich ab, um genug für den Kauf einer moderneren Kücheneinrichtung zu verdienen, und musste sich selbst um die Herde und Feuerstellen kümmern.

Inzwischen hat sich das geändert. Eine beeindruckend große Kochbrigade ist nun für die Zubereitung und Präsentation zuständig, was Dong freie Hand lässt, um sich auf die Konzeption der Speisen zu konzentrieren, was er als „Forschung“ bezeichnet. Seine Kochkunst hat künstlerische Akkorde in die Pekinger Klassiker integriert. Das betrifft alles, abgesehen von den Kernprinzipien der Zubereitung der Pekingente.

Entenregeln. Erstens: Mit Gas befeuerte Öfen, wie sie anderswo häufig eingesetzt werden, kommen keinesfalls in Frage. Die Haut von Enten, die in Gasöfen gegart werden, genügt Dongs Ansprüchen nicht. Stattdessen hängen in allen Da-Dong-Restaurants die Enten mit Hals und Kopf an Haken über dem prasselnden Feuer von Obstbaumholz. Abwechslungsweise wird das Holz von Apfel- und Pfirsichbäumen verwendet, die aus den Bergen rund um Peking stammen. Die Enten werden ebenfalls in dieser Gegend aufgezogen. Seit dem Tag, als er sein erstes Esslokal eröffnete, arbeitet Dong mit einer einzigen Bezugsquelle zusammen, einem Bauern, der seit beinahe fünfzig Jahren Enten züchtet und der sie ausschließlich an Dong liefert. Indem er darauf beharrt, von einem einzigen Zuchtbetrieb beliefert zu werden, ist Dong sicher, dass die Aufzucht korrekt und das Futter von gleichbleibender Qualität ist. Außerdem werden die Jungenten nach strengen Vorschrift en ernährt, damit sie möglichst wenig Fett ansetzen, und ihre Gesundheit wird streng kontrolliert. Im jugendlichen Alter von 45 Tagen sind sie schlachtreif; täglich werden 1200 Enten in Dongs Restaurants geliefert.

ZWEI ENTENVERSIONEN werden angeboten, eine traditionelle mit Hoisin-Sauce und eine mit Kaviar.

Nachdem man die Ente rundum mahagonibraun geröstet hat, wird sie traditionsgemäß am Tisch präsentiert und zerlegt. Behandschuhte Köche rollen die Platte mit dem ganzen Vogel in den Speisesaal und zerteilen geschickt die kostbare Knusperhaut. Was die überaus wichtigen „Halter“ zum Essen der Ente betrifft, gibt es zwei Schulen: Die eine schwört auf Brötchen, die andere auf Pfannkuchen. Dong gehört zu den Vertretern des zweiten Lagers. Seiner Meinung nach braucht es selbstverständlich ein Werkzeug, um das Fleisch zu ergreifen, es darf jedoch nicht von der Hauptsache ablenken. Die ultradünnen Pfannkuchen werden zu einer kleinen Tasche gefaltet und mit Fleisch beziehungsweise Entenhaut gefüllt. Zwei Varianten stehen auf dem Menü; die traditionellere wird von Hoisin-Sauce und einer Armada von Garnituren begleitet: Schalotten, weißer Zucker, Knoblauchpüree, konfiertes Gemüse, Pickles, Rettich und Gurke … alles Zutaten, die das doch recht fette Fleisch leichter verdaulich machen.

Bei der zweiten Version wird die klassische Pekingente mit einer süßen Hoisin-Sauce serviert. Es ist ein einzigartig luxuriöses Gericht, das Dong kreiert hat, indem er die Süße der Hoisin-Sauce mit einem salzigen Element in Form einer großzügigen Portion schwarzem Kaviar kombiniert. Ausbalanciert wird diese hochkarätige Zubereitung sorgfältig geschnittener Hautstreifen, die alle von einem Kaviarhügel getoppt werden, lediglich mit Gurke. Diese Kaviarpaarung befördert die Ente in ein neues, gastronomisch gehobenes Territorium. Sie betont die rauchigen Akzente des Holzfeuers, die sonst von der traditionellen HoisinSauce weitgehend überdeckt würden. Doch aufgepasst: Dieses Spitzengericht muss vorbestellt werden, da pro Tag nur drei Kaviarenten erhältlich sind.

Obwohl die Inschrift unter den chinesischen Schrift - zeichen über dem Eingang „Da Dong Super Neat Roast Duck“ lautet, bietet Chef Dong eine erstaunlich breite Auswahl zusätzlicher Gerichte an. Die Menükarte, welche mit 50 Zentimetern Höhe und 138 Seiten Umfang die anspruchsvollste Weinbibel übertrifft , ist eine Enzyklopädie der großen chinesischen Küche. Ungeachtet seiner außergewöhnlichen Länge ist das Menü auch für ausländische Gäste geeignet, da alle Speisen abgebildet sind, so dass man nicht unbedingt die Beschreibungen verstehen muss, um zu wissen, was einem vorgesetzt wird.

Dinner in PEKING
Dinner in PEKING

EAST MEETS WEST steht im „Da Dong“ ebenfalls auf dem Programm.

Sie steht nicht über der Tür geschrieben wie die Ente, aber fast jedes Häppchen der gedämpft en Königskrabbe mit Shaoxing-Wein ist ein „Must have“. Wer die Alaska-Königskrabbe nicht kennt – ja, Dong bezieht sie aus Alaska! –, sollte die üblichen Krabbensalate aus dem Gedächtnis streichen. Königskrabben sind Monster, neben denen alle anderen Krabbenarten Zwerge sind. Die Krabbenstücke sind von einer ätherischen Eiersauce umhüllt, die zwanzigjährigen Reiswein, Krabbenrogen sowie Krevettenöl und -bouillon enthält. Die luftige Sauce akzentuiert die süßlichen Aromen der großzügig portionierten Riesenkrabbe perfekt.

Der dramatische Auftritt gehört eindeutig zu Dongs Repertoire, sogar bei einer traditionellen chinesischen Suppe. Statt sie in der großen Suppenschüssel mit dem dazugehörigen Schöpflöffel aufzutragen, wie dies selbst in den gepflegtesten chinesischen Restaurants üblich ist, werden hier Einzelportionen von aufgeschäumter Suppe mit Tintenfi schrogen in transparenten Plastikpäckchen auf glühend heißen Steinen präsentiert. Die Pakete der heftig brodelnden Suppe werden von den stets sprungbereiten Kellnern geöffnet. Das ist selbstverständlich Tischtheater, doch die Steine sorgen dafür, dass die wohlschmeckende, hocharomatische Suppe heiß bleibt.

„East meets West“ steht bereits auf dem Programm mit der Königskrabbe, einem westlichen Produkt, das im chinesischen Stil zubereitet wird. Dongs Foie gras hingegen ist durch und durch westlich. Oder jedenfalls beinahe: Denn die gegenwärtige Bezugsquelle für die Stopfleber ist zwar Schanghai, das Produkt jedoch ein französisch-chinesisches Joint Venture. Schanghai hin oder her, Geschmack und Textur sind so klassisch französisch wie die Zubereitung: kalt und mit Kirschenglasur serviert.

Obwohl Dong bei seiner emblematischen Pekingente kompromisslos an den einheimischen Wurzeln festhält, lässt er doch den Westen zunehmend in sein Leben einfließen. Als Liebhaber von Single Malt Scotch macht er jedes Jahr einen Abstecher nach Schottland. Eines seiner Hobbys ist das Fotografieren mit seiner geliebten Hasselblad. Die Kerzen in seinen Restaurants stammen aus Deutschland. Und die Uhr an seinem Handgelenk ist selbstverständlich eine Blancpain.

Gedünstete Königskrabbe mit Shaoxing-Wein.

Gedünstete Königskrabbe mit Shaoxing-Wein.

Geschäumte Tintenfischrogen-Suppe;
Pekingente mit Kaviar.

Geschäumte Tintenfischrogen-Suppe;
Pekingente mit Kaviar.

Küchenchef Li Lin Yu.

Küchenchef Li Lin Yu.

Im „Jing Wu Zhen“ steht nur EIN EINZIGES THEMA ZUR WAHL: MONGOLISCHES LAMM.

„Jing Wu Zhen“. Ein Dinner in einem Da-DongRestaurant, um die ultimative Pekingente zu kosten, ist eine Pilgerreise. Aber eine einfache. Alle sechs Lokale in Peking befinden sich im Stadtzentrum und sind von den meisten Hotels aus leicht erreichbar. Für ein Essen im „Jing Wu Zhen“ hingegen braucht es Mut, beinahe grenzenlose Geduld in Verkehrsstaus und einen erfahrenen Chauff eur, der mit einem ebenso kompetenten GPS ausgerüstet ist. Das „Jing Wu Zhen“ liegt in Pekings Niemandsland, bescheiden versteckt in einem unscheinbaren Wohnblock in einer sonst eher trostlosen Gasse.

Nicht nur angesichts der zweistündigen Fahrt (zwei Stunden stimmt nur, falls alles klappt!) vom Zentrum Pekings aus wäre es sinnlos, einfach so hinzufahren: Das „Jing Wu Zhen“ heißt nur Gäste willkommen, die rechtzeitig reserviert haben. Im „Jing Wu Zhen“ herrscht denn auch eher die Atmosphäre eines Privatklubs als die eines öffentlich zugänglichen Restaurants. Das hängt mit den Anfängen des Betriebs zusammen, den der Besitzer, Zhang Jun Pu, ursprünglich als Klub für seine Freunde gegründet hatte. Nach vierzehn Monaten öffnete Zhang dann die Türen seines Lokals auch für das Publikum. Trotzdem findet sich da keine Werbung. Keine Eintragung in Führern. Und mit Sicherheit keine Internetpräsenz. Keine TripAdvisorKritik. Keine Yelp-Empfehlungen. Keine FacebookLikes. Vor dem ersten Besuch des „Jing Wu Zhen“ stand die Suche bei Google auf dem Programm … nichts, absolut nichts. Das ist der Gipfel der Geheimniskrämerei. Sogar Google kennt das Lokal nicht. Man begnügt sich offensichtlich damit, dass das „Jing Wu Zhen“ allmählich durch Mund-zu-MundPropaganda bekannt wird.

„Da Dong“ ist berühmt für seine Pekingente, und das ganze Restaurant dreht sich um dieses Gericht, doch seine 138-Seiten-Menükarte geizt nicht mit Alternativen für ein Mahl. Das „Jing Wu Zhen“ ist insofern noch zielgerichteter, als Lammfleisch das einzige Produkt auf der Karte ist. Doch ein Lamm, wie man es in keinem andern Restaurant der Welt bekommt: wunderbar, saft ig, hocharomatisch, herrlich, zart … kurz, wie es sein muss.

Das mongolische Lamm WIRD GANZ SERVIERT, und die Gäste teilen es.

„Jing Wu Zhens“ siebenundzwanzigjähriger Chef Li Lin Yu erhielt das Rezept von einem Freund seines Großvaters. Dieser Freund war der Leibkoch von General Tschiang Kai-schek gewesen, und als Geschenk zeichnete er sein Rezept in Tibetisch auf Papier auf. Da Li damals in der Mongolei lebte, suchte er jemanden, der es übersetzte, und machte sich dann daran, das Gericht zuzubereiten. Sein Misserfolg beim ersten Versuch war gewaltig. Das Lamm war zu alt. Die Gewürzmischung stimmte nicht. Das Fleisch war verkohlt, weil er die Hitze nicht kontrollieren konnte. Und um die Katastrophe zu vollenden, wurde er von seiner Großmutter noch windelweich geschlagen, weil er ein einwandfreies Lamm verschwendet hatte. Versuch Nummer zwei war etwas besser, trotzdem tadelte ihn der Großvater, allerdings weniger rabiat als zuvor die Großmutter. Während der nächsten drei Jahre zog Li durch die Mongolei, kochte bäuerliche Gerichte in einfachen muslimischen Gaststätten und perfektionierte derweil sein überliefertes Lammrezept. Schließlich hatte er das am Spieß im Lehmofen gegarte Lamm in ein langsam über Apfelbaumholz und einem speziell duftenden Lehmboden geröstetes ganzes Lamm verwandelt. Da das Originalrezept das Einreiben mit Gewürzen vorschrieb, übernahm Li diese Anleitung, änderte die Zusammenstellung der Mischung jedoch entscheidend ab, indem er auf den Zucker des Originals verzichtete, dafür wesentlich mehr Kräuter verwendete und sogar einige Ingredienzien aus der Heilkunde einbaute. Alles in allem besteht diese Würzmischung aus fünfzig verschiedenen Zutaten.

So ausgeklügelt und perfektioniert das Rezept jetzt auch sein mag, der Star ist und bleibt das Lamm selbst. Li verwendet ausschließlich mit Muttermilch aufgezogene mongolische Lämmer. Sie werden in erster Linie für die Herstellung von Lammfell- und Lammlederwaren gezüchtet, während das „Jing Wu Zhen“ ein begieriger Abnehmer der übrigen Teile der Tiere ist. Tag für Tag werden zweiundzwanzig Lämmer ins Restaurant geliefert. Dort hangen sie drei Tage ab, damit das Fleisch zarter wird und sich die Säure in den Muskeln abbaut. Nachdem er sie großzügig mit der Würzmischung eingerieben hat, spannt Li jedes ganze Lamm auf einen Grillrost. Vier Stunden dauert dieser Prozess – sanftes und langes Garen ist das Geheimnis. Für jede Mahlzeit stehen höchstens elf Lämmer zur Verfügung.

The lamb is slow roasted for four hours.

The lamb is slow roasted for four hours.

Falls Sie kein ausgehungerter Karnivore sind, eignet sich das „Jing Wu Zhen“ nicht für Solodinners. Zunächst einmal gibt es keine der üblichen Einzeltische; alle Gäste speisen in Privaträumen, die mit mongolischen Themen dekoriert sind. Zudem ist da noch das Lamm. Vergessen Sie die delikaten, kunstvoll als Skulptur oder Mosaik auf einer Platte arrangierten Stückchen westlicher Haute Cuisine, die feierlich unter der Cloche in den Speisesaal getragen werden. Stattdessen wird das ganze Lamm auf dem Rost serviert. Jeder der rechteckigen Tische wurde speziell konstruiert, damit das Lamm in der Mitte plaziert werden kann. An jedem Sitzplatz sind Teller, Schalen und Essstäbchen aufgedeckt, das ist allerdings eher eine Formalität. Das Werkzeug erster Wahl ist die eigene Hand. Es werden Plastikhandschuhe gereicht, und jeder Gast wird in der urtümlichen Kunst des Herausreißens kleiner Portionen des fantastisch schmeckenden Fleisches mit seinen berauschenden Gewürzen instruiert. Man benötigt kein Messer, und es werden auch keine angeboten. Hände versuchen von allen Seiten mehr oder weniger geschickt, knusprige Haut oder Happen aus dem zarten Nacken, der Keule oder dem Rücken auszulösen. Die einzige Beilage ist ein rustikales Fladenbrot, das über dem gleichen Apfelbaumholz gebacken wurde wie das Lamm.

Seit kurzem gibt es zudem eine Alternative zum gegrillten Lamm. Selbstredend handelt es sich auch dabei um Lammfleisch, es wird jedoch in Milch und Butter geschmort, gemäß der Tradition des Hauses ebenfalls in der Mitte des Tisches serviert und mit Handschuhen gegessen. Da es ohne die aromatischen Gewürze der grillierten Version zubereitet wird, kommen die delikaten Nuancen des Fleisches voll zum Tragen. Trotzdem ist da nichts von „Böckeln“ zu spüren, dem strengen, meist vom Fett verursachten strengen Lammgeschmack. Stattdessen ist der Eindruck süß und mild, und das Fleisch hat eine derart zarte Textur, dass es im Mund zu schmelzen scheint. Dazu werden drei Saucen gereicht, doch sie sind im Grunde genommen überflüssig. Dieses unvergleichliche Lammfleisch verdient es, allein auf der Bühne zu stehen.

Vom Grill mit Gewürzen oder geschmort? Die beste Lösung sind zwei Fahrten ins Niemandsland.

In Peking wimmelt es von Esslokalen jeder Couleur. Doch genauso, wie es schier unverzeihlich ist, in diese Metropole zu reisen, ohne die Chinesische Mauer und die Verbotene Stadt zu besuchen, wäre es jammerschade, diese beiden Hochburgen der chinesischen Küche mit ihren legendären, perfekt zubereiteten Gerichten zu verpassen: das „Da Dong“ mit seiner Pekingente und das „Jing Wu Zhen“ mit seinem legendären Lamm.

Einige Gewürze, die für die komplexe Mischung verwendet werden.

Einige Gewürze, die für die komplexe Mischung verwendet werden.

Kapitel 07

Villeret Quantième Perpétuel 8 JOURS

Die ideale Kombination: ein ewiger Kalender und eine Gangreserve von 8 Tagen.

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