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Kapitel 1

Kunsthandwerk DIE GROSSE WELLE

Die Kraft des Meeres wird auf einem Zifferblatt lebendig.

Autoren der Kapitel

JEFFREY S. KINGSTON

Autoren der Kapitel

JEFFREY S. KINGSTON
Kunsthandwerk DIE GROSSE WELLE
Kunsthandwerk DIE GROSSE WELLE
Ausgabe 17 Kapitel 1

Hokusais legendärer Holzschnitt „DIE GROSSE WELLE VOR KANAGAWA“ ist die Inspirationsquelle für die neue kunsthandwerklich geschmückte Uhr von Blancpain.

Gibt es für einen Künstler eine größere Herausforderung als die winzigen Dimensionen eines Armbanduhr-Zifferblatts? Manchen Vertretern der Moderne genügen die Dimensionen der konventionellen Gemälde oder Skulpturen längst nicht mehr, sie verlangen einen ganzen Raum, um sich auszudrücken. Das Medium von Christo und JeanneClaude war die ganze Länge des Pont Neuf in Paris, und ihre Installation „Running Fence“ in Kalifornien war fast 40 Kilometer lang. Mit solchen Freiräumen kann bei Kunst auf Zifferblättern oder Uhrwerkkomponenten nicht gerechnet werden. Ihre Dimensionen sind winzig und eng begrenzt. Dessen ungeachtet lassen sich die Kunsthandwerker in den Ateliers von Blancpain hinsichtlich der Techniken oder Motive von keinen Grenzen einengen. Das beweisen sie an ihren Werktischen in der „Ferme“ in Le Brassus. Sie beherbergt heute sowohl die Werkstätten für Komplikationsuhren als auch das Atelier der Métiers d’art (künstlerische Gravur, Emaillierarbeiten wie Miniaturmalerei, Cloisonné- und Champlevé-Email, Tauschieren, Shakudō und anderes mehr).

Die jüngste Kreation ist das Modell La Grande Vague, dessen Zifferblattgestaltung von Hokusais Holzschnitt „Die große Welle vor Kanagawa“ aus dem Jahr 1830 inspiriert ist. Es gibt wahrscheinlich kein zweites Bild der japanischen Kunst, das einen der Großen Welle vergleichbaren Kultstatus genießt. Hokusai sagte, er habe vor siebzig noch nichts von „irgendwelchem Wert“ geschaffen. Er brauchte all diese Zeit, um „die wahre Natur der Dinge“ zu entdecken. Welch hohe Ansprüche er an sich stellte, beweist auch seine Aussage, er müsse 100 Jahre alt werden, bis er fähig sei, „etwas wirklich Wunderbares zu machen“! Trotzdem bewundern heute Legionen zu Recht sein Lebenswerk, insbesondere die Große Welle, die er übrigens lange vor seinem Tod mit 89 Lenzen kreiert hatte. Wenige Kunstwerke geben die Kraft und Wildheit des Meeres so packend wieder wie diese gewaltige Brandungswoge. Die 5000 Drucke, die vom Originalholzschnitt gemacht wurden, sind heute begehrte Kostbarkeiten und haben zahlreiche andere Werke inspiriert. Dazu der französische Schriftsteller und Kunstkritiker Edmond de Goncourt:

„Diese Darstellung der Welle ist eine Vergöttlichung des Meeres durch einen Maler, der in heiligem Schrecken vor dem überwältigenden Ozean lebte, der sein Land vollständig umgibt; er ist beeindruckt von der unvermittelten Wildheit der himmelwärts gischtenden Woge…“

Kunsthandwerk DIE GROSSE WELLE
Kunsthandwerk DIE GROSSE WELLE

Eine dreidimensionale HANDGRAVUR AUS WEISSGOLD fängt die Dynamik des Meeres ein.

Die Kraft und Dynamik dieser Welle auf den wenigen Millimetern des Zifferblatts einzufangen war für Christophe Bernardot vom Métiers d’art-Atelier eine außerordentliche und erst noch völlig selbst auferlegte Herausforderung. Denn zwei unerschütterliche philosophische Richtlinien begleiten die Projekte im Atelier in Le Brassus von Beginn an. Erstens werden die künstlerischen Themen und Projekte von Bernardot und seinem Team entgegen jeder geschäftlichen Orthodoxie selbständig entwickelt, unabhängig von einem Erlass oder einer Entscheidung des Managements. Selbstverständlich werden die Ideen dann dem Präsidenten und CEO von Blancpain, Marc A. Hayek, zur Genehmigung präsentiert, das schmälert jedoch das schöpferische Denken und die grenzenlose Freiheit, eigene Einfälle umzusetzen, in keiner Weise. Bernardots zweiter kreativer Imperativ lautet, die künstlerischen Bestrebungen der anderen Uhrenmarken nicht zur Kenntnis zu nehmen und auch keine Motive aus der Vergangenheit aufzufrischen, die in Uhrenmuseen zu finden sind. Denn was ist schon kreativ an einem Zifferblatt, das von einer 200 Jahre alten Uhr abgekupfert wurde?

Weder von den Anweisungen des Managements noch von der angestaubten Uhrengeschichte behindert, lässt Christophe Bernardot seiner Phantasie freien Lauf. Da er in den letzten Jahren chinesische und indische Motive erkundet hatte, wollte er in eine neue Richtung gehen. Er kam auf die Idee, den Schnittpunkt der japanischen Kultur mit dem Engagement von Blancpain für den Schutz der Weltmeere durch das Ocean Commitment zu verbinden. Er brauchte nicht lange, um diese Kombination in Hokusais ikonischer Darstellung des Meeres zu finden.

Wie konnte jedoch die Dynamik der See auf eine Uhr übertragen werden? Bernardot wollte die Kraft und die Bewegung einfangen und gleichzeitig das runde Zifferblatt mit einem Bild schmücken. Konnte es eine Emailmalerei sein? Eine Gravur? Er stellte sich etwas Kraftvolleres vor, eine dreidimensionale Umsetzung aus Weißgold, in die er eine Welle gravieren konnte. Um ihr mehr visuelle Tiefe zu verleihen, versah er sie mit einer Patina, indem er die japanischen ShakudōVerfahren anwandte, mit denen er bei Blancpain mit den prämierten Ganesh-Zifferblättern Pionierarbeit geleistet hatte. Dank mehreren Behandlungsphasen der fein von Hand gravierten Darstellung sowie sorgfältigem Polieren gewisser Teile gelang es Bernardot, seiner Welle Schatten, Licht und Energie zu verleihen.

Jede Grande Vague ist ein EINZELSTÜCK.

Das Halbrelief der Welle bildet eine sogenannte Applike, ein auf das Zifferblatt aufgesetztes Element. Das richtige Zifferblattmaterial zu beschaffen wurde zum zweiten Teil dieses Abenteuers. Bernardot wollte die Welle zur Geltung bringen, sie sollte dem Zifferblatt jedoch nicht die Show stehlen. Eine glänzend lackierte Oberfläche riskierte, den Charakter des Stücks zu zerstören. Nachdem er zahlreiche Materialien geprüft hatte, entschied er sich für einen Stein, der noch nie zuvor als Zifferblattmaterial verwendet worden war: mexikanischen Silberobsidian. Seine einzigartige graue Farbe mit den silbern schimmernden, hauchfeinen Einschlüssen hebt die Welle hervor und erzeugt die Atmosphäre eines Sturms. Die gewünschte Farbe und Textur hatte der Meistergraveur gefunden, jetzt stand er vor dem Problem, die handgefertigte Wellenapplike auf der Rückseite mit winzigen Füßchen zu versehen und in feinen Löchern im Stein zu verankern. Spitzentechnologie und größte Vorsicht waren erforderlich, um das fragile Obsidianplättchen beim Bohren nicht zu beschädigen.

Wie die übrigen Kreationen des Kunsthandwerkateliers von Blancpain ist auch die an der Baselworld präsentierte Uhr La Grande Vague ein Einzelstück. Es wird noch weitere Versionen geben, doch jede ist einzigartig dank den Variationen in Form und Farbe. Sammler haben übrigens bereits angefragt, ob sie maßgeschneiderte, durch zusätzliche Elemente von Hokusais Bild – wie die Fischerboote und der Fujiyama im Hintergrund – ergänzte Versionen bestellen könnten. Jede Version wird jedoch auf ein Einzelstück limitiert bleiben.

Mit der Uhr La Grande Vague beginnt ein neues Kapitel in der Kollektion Métiers d’art von Blancpain. Bislang benutzte die Manufaktur ihr Taschenuhr-Kaliber 15B als Basis für diese Spezialmodelle. Für die Grande Vague entwickelte sie jedoch eine Abwandlung des Armbanduhr-Handaufzugkalibers 13R0, das 2006 Premiere hatte und dem 34 weitere Manufakturkaliber folgten, die heute in den verschiedenen Kollektionen eingesetzt werden. Das neue Kaliber 13R3A für das Modell La Grande Vague unterscheidet sich vom Kaliber 13R0 insofern, als sich die Anzeige der Gangreserve auf der Werkrückseite befindet und durch den Saphirboden konsultiert werden kann. Beide verfügen über die hohe Gangreserve von 8 Tagen und drei in Serie geschaltete Federhäuser. Somit schlägt die Uhr La Grande Vague mit ihrer originellen Kombination von Motiv, Materialien und Technik nicht nur auf dem Zifferblatt einen neuen Weg ein, sie zeichnet sich zudem durch ein technisch weiterentwickeltes Uhrwerk aus.

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