Kapitel 1
In der Kollektion Fifty Fathoms ist eine historische Ikone wiederauferstanden.
Ein Kreis im Kreis. Eine Nebengeschichte in einer Geschichte. Eine Legende innerhalb einer Legende. Das ist der historische Platz der BlancpainBathyscaphe in der nun sechzigjährigen Laufb ahn der Fifty Fathoms. Die Uhr selbst, die Berichte über ihre Entstehung, ihr Vorrang als Uhr erster Wahl für die Elite und Pioniere des Tauchens – ob Kampf-, Sport- oder wissenschaftliche Taucher wie etwa Kommandant Jacques-Yves Cousteau –, alles ist Stoff für die Legende. Eine Legende, in die eine zweite verwoben ist, die zweifellos mit jener der Fifty Fathoms zu tun, aber durchaus ihre eigenen Wurzeln hat, jene der Blancpain-Bathyscaphe.
Passionierte Taucher, Uhrenkenner und Aficionados der Marke Blancpain sind vertraut mit der Entstehungsgeschichte der ursprünglichen Fifty Fathoms. Jean-Jacques Fiechter, in den 1950er Jahren Generaldirektor von Blancpain und selbst ein leidenschaft licher Taucher, konzipierte die Uhr als nützliches Tauchinstrument. Vergessen Sie einen Augenblick alles, was das heutige Angebot an Taucheruhren betrifft, die ungeachtet ihrer enormen Leistungsfähigkeit in erster Linie wegen ihres sportlichen Aussehens getragen werden.
Das Original von 1953 sollte die Bedürfnisse echter Taucher erfüllen und in Tauchsportgeschäft en als grundlegendes Element eines Flaschentauch-Kits verkauft oder als Teil der militärischen Ausrüstung abgegeben werden. Eines der vielen bestimmenden Elemente dieser ersten Uhr war ihre Größe. Die meisten damaligen Armbanduhren waren relativ klein, mit Durchmessern von 32 und 34 Millimetern für Herrenuhren. Nach heutigen Standards gilt dies bereits für Damenuhren als klein. Doch die Fifty Fathoms sollte ja nicht zu Hemd und Jackett, sondern über dem Taucheranzug getragen werden und möglichst gut ablesbar sein, weshalb die anfänglichen Größen zwischen 40 und 41 Millimetern variierten. Dieser Durchmesser war damals für eine Armbanduhr riesig, jedoch für ein Tauchinstrument gerechtfertigt und notwendig. Die Standardpraxis zahlreicher Marineeinheiten, ihren Tauchern die Fifty Fathoms vor dem Tauchgang zusammen mit dem Rest der Ausrüstung – Druckausgleichsmaske, Flaschen, Flossen, Tiefenmesser usw. – auszuhändigen und nachher wieder einzusammeln, unterstreicht ihre Bedeutung als Teil des militärischen Materials.
Im Lauf der Jahre brachte Blancpain verschiedene Abwandlungen auf den Markt, die alle für den Einsatz beim Tauchen gedacht waren. Um 1956/57 hatte Fiechter die Idee, eine kleinere Version anzubieten, die der damaligen Mode besser entsprach und von der Größe her für das Tragen im Alltag geeignet war. So entstand die Bathyscaphe.
Der Name Bathyscaphe für diesen gegen Ende der 1950er Jahre für den Alltag gedachten Zeitmesser wirkt allerdings im Nachhinein etwas seltsam. Die originale Fifty Fathoms sollte Kampftaucher auf nächtlichen Tauchgängen in die Häfen des Gegners begleiten, um dessen Kriegsschiffe zu versenken, zweifellos ein ebenso notwendiges wie gefährliches Unterfangen. Das Tauchboot Bathyscaphe wiederum war gebaut worden, um in die größte Tiefe des Marianengrabens im westlichen Pazifik vorzustoßen, eine stockdunkle Welt rund 10 000 Meter unter dem Meeresspiegel. Auf derselben Zweckmäßigkeitsskala figuriert es irgendwo zwischen besessen und verrückt. Man hätte also erwartet, dass der Name Bathyscaphe eher einem noch weit anspruchsvolleren Instrument verliehen worden wäre als einer Taucheruhr, die vor allem im Country Club gute Figur machen sollte.
Ungeachtet dessen, ob der Name Bathyscaphe nun einem leistungsmäßig anspruchsvolleren Zeitmesser gebührt hätte oder nicht, besteht kein Zweifel, dass die Pionierleistung das verbindende Element zwischen dem Tauchboot und der Uhr war. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte der Schweizer Physiker Auguste Piccard – Anfang der 1930er Jahre durch seine Ballon- Höhenweltrekorde berühmt geworden – den Bathyscaphe- Unterseeboottyp entwickelt, um die Tiefsee zu erforschen, eine Art Kreuzung zwischen Tauchglocke und U-Boot. Im Gegensatz zur Glocke verfügten diese Boote über einen eigenen Antrieb. Doch anders als bei einem üblichen U-Boot konnte nicht Sauerstoff eingesetzt werden, um aus diesen Tiefen wieder aufzusteigen. Stattdessen wurde Eisenballast abgelassen, der unter dem Tauchboot aufgehängt war. Nachdem Auguste und Jacques Piccard im September 1953 im Tyrrhenischen Meer mit dem ersten Boot auf 3150 Meter vorgestoßen waren, lernte Jean- Jacques Fiechter den Pionier bei einem Vortrag kennen. Der dritte Bathyskaph, die Trieste, 1958 von der US Navy übernommen, tauchte dann im Januar
1960 mit Jacques Piccard und dem Amerikaner Don Walsh im Marianengraben vor der Küste von Guam bis zum tiefsten Punkt des Meeresgrunds (10 916 m), der in der Folge Challenger Deep oder Triestetief getauft wurde.
Der Name Bathyscaphe passte also insofern perfekt zur Expansion der Kollektion Fifty Fathoms, als beide Pionierleistungen für die Eroberung der Meerestiefen waren. In den drei Jahrzehnten, in denen Fiechter Blancpain führte, entwickelte er die Hauptlinie Fifty Fathoms und die Bathyscaphe-Versionen parallel weiter. Die zweite blieb auf die kleineren Durchmesser beschränkt (mit Ausnahme einiger Modelle, die für die französische Uhrenmarke LIP produziert wurden, aber deren Markenzeichen statt den Namen Bathyscaphe trugen).
Mit der neuen, 2013 an der Baselworld vorgestellten Bathyscaphe nimmt Blancpain die von Jean-Jacques Fiechter begründete Tradition wieder auf. Wie die erste Version steckt viel von der DNA der Fifty Fathoms in den neuen Bathyscaphe-Modellen, jedoch wiederum mit kleinerem Durchmesser.
Während sämtliche Fifty-Fathoms-Versionen der aktuellen Kollektion (mit Ausnahme der X Fathoms) in 45-Millimeter-Gehäuse eingeschalt sind, haben die neuen Bathyscaphe- Herrenuhren 43 und die Damenuhr 38 Millimeter Durchmesser. Letztere ist die erste Damenuhr in der Fifty-Fathoms-Kollektion mit einem kleineren Gehäuse.
Ästhetisch gesehen sind die Familienbande der neuen Bathyscaphe-Modelle unverkennbar, sie haben jedoch auch eigenständige Merkmale. Einzigartig ist etwa die Form der Zeiger mit rechteckigen Elementen, die an jene der ursprünglichen Bathyscaphe-Uhren der 1950er Jahre erinnern. Einflüsse dieser Originale finden sich auch in der Form des stark bombierten Uhrglasprofils. Weitere Links erscheinen auf dem Zifferblatt mit den Punkt- und Strichindexen statt Ziffern.
Alle Modelle in der aktuellen Kollektion Fifty Fathoms wurden mit einer einseitig verstellbaren Drehlünette aus Saphir ausgestattet. Jene der Bathyscaphe-Linie sind ebenfalls nur einseitig drehbar, bestehen jedoch aus Keramik mit gravierten und mit Flüssigmetall aufgefüllten
Markierungen. Liquid Metal®, eine geschützte Legierung, wird nach einem komplizierten Rezept hergestellt, bei dem nicht nur die Metallanteile, sondern auch die Art der Erhitzung und Verbindung eine Rolle spielen. Der optische Eindruck dieser Lünette ist einzigartig, und sie ist zudem außergewöhnlich robust, extrem kratz- und auch bruchfest.
Das Uhrwerk der Bathyscaphe-Herrenmodelle ist vom Blancpain-Manufakturkaliber 1315 abgeleitet. Es verfügt über eine Unruh mit variablem Trägheitsmoment, und seine drei Federhäuser sorgen für eine Gangreserve von 5 Tagen. Als Verbesserung des vor einem Jahr für die X Fathoms eingeführten 1315 ist es mit einer Spiralfeder aus Silizium ausgestattet. Diese ermöglicht vielfältige Leistungssteigerungen. Erstens wird dank ihrer perfekten Form die Ganggenauigkeit der Uhr erhöht, zweitens der Isochronismus. Der Isochronismus ist die Maßeinheit für die Leistungsabflachung bei zunehmendem Entrollen der Antriebsfeder. Je gleichmäßiger sie ihre Kraft abgibt, desto besser. Eine andere Dimension der Vorteile einer Spiralfeder ist ihre absolute Resistenz gegenüber Magnetfeldern, im Gegensatz zu den üblichen metallischen Federn. Deren Windungen können durch starke Magnetfelder magnetisiert werden und bleiben in diesem Zustand, selbst wenn die Uhr das Magnetfeld verlässt. Dieser Restmagnetismus verändert die Eigenschaft en der Spiralfeder, da sich ihre benachbarten Teile anziehen und abstoßen können, was wiederum die Ganggeschwindigkeit beeinflusst. Die klassische Antwort auf die Magnetisierungsgefahr ist die Abschirmung des Uhrwerks durch einen Weicheisenmantel innerhalb des Gehäuses. Damit sind sowohl die originale Fifty Fathoms von 1953 als auch zahlreiche Modelle der aktuellen Fifty-Fathoms-Kollektion ausgestattet, da Taucher und insbesondere militärische Taucher starken Magnetfeldern ausgesetzt sind. Mit einer Spiralfeder aus dem amagnetischen Halbmetall Silizium wird diese Abschirmung überflüssig. Das hat noch einen weiteren Vorteil. Da der Weicheisenmantel entfällt, kann die Uhr mit einem transparenten Saphir-Gehäuseboden für den Einblick ins Werk ausgestattet werden. Die Siliziumfeder bietet also das Beste zweier Welten: Amagnetismus und den ungehinderten Blick auf das sorgfältig endbearbeitete Uhrwerk. Deshalb hat die neue Bathyscaphe einen Rotor aus Massivgold, der mit NAC (einer Platinlegierung) beschichtet und mit der Reliefgravur des Blancpain-Logos geschmückt ist.
Für die Herrenmodelle stehen zwei verschiedene Gehäusematerialien zur Verfügung: satinierter Edelstahl und keramisiertes Titan. Letzteres entsteht durch einen Oxidationsprozess, welcher der Oberfläche eine mit Keramikwerkstoff en vergleichbare Härte verleiht. Damit werden die besonders geschätzten Eigenschaften der beiden Materialien kombiniert: das geringe Gewicht bei hoher Steifigkeit von Titan, die Härte und Kratzfestigkeit von Keramik.
Blancpain hat in der Kollektion Fifty Fathoms noch nie eine Damenuhr mit kleinerem Durchmesser angeboten. Mit der neuen Bathyscaphe wird diese Lücke geschlossen. Obwohl die visuelle Dramatik ihrer Fifty- Fathoms-Wurzeln bei dieser Uhr ebenso deutlich erkennbar ist wie bei den Herrenmodellen, bietet sie doch auch feminine Elemente, etwa die Verwendung von Weiß für die Keramiklünette, das Ziff erblatt und das Armband. Das Manufakturuhrwerk ist eine Variante des bewährten Blancpain-Kalibers 1150 mit zwei Federhäusern für 4 Tage Gangreserve, deren Unruh mit variablem Trägheitsmoment neu mit einer Siliziumspiralfeder kombiniert ist.
Alle Bathyscaphe-Modelle sind mit Segeltuch- oder NATO-Armbändern ausgestattet. Beide Versionen sind außerordentlich robust und wasserfest. Das Armband im NATO-Stil respektiert insofern die Tradition, als es aus einem Stück besteht und zwischen den beiden Stegen unter dem Gehäuse durchführt, statt dass die beiden Teile einzeln an ihrem Steg befestigt sind. Dieser Armbandtyp ist sowohl ausgesprochen sportlich als auch sehr angenehm zu tragen.