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Kapitel 1

Das VINTAGE-ATELIER von Blancpain

Marc A. Hayek sagte zu Recht: „Diese Uhren leben ewig.“ Ihre Wartung und Restaurierung ist durch das Vintage-Atelier in Le Brassus gesichert.

Autoren der Kapitel

JEFFREY S. KINGSTON

Autoren der Kapitel

JEFFREY S. KINGSTON
Das VINTAGE-ATELIER von Blancpain
Das VINTAGE-ATELIER von Blancpain
Ausgabe 21 Kapitel 1

Mit 15 Jahren traf Bert van der Waal eine Entscheidung, von der er damals nicht ahnen konnte, wie sie sich auf sein Leben auswirken sollte. Da die Eltern seinem älteren Bruder ein Motorrad geschenkt hatten, boten sie Bert an, er könne sich ebenfalls ein Geschenk aussuchen, das ihn interessiere. Da er bereits gerne tauchte, wünschte er sich eine Taucheruhr. Begleitet von den Eltern, entschied er sich beim örtlichen Tauchausrüster für eine Blancpain Fifty Fathoms, und zwar für ein Barakuda-Modell.

Dieser Zeitmesser wurde zu seinem ständigen Begleiter, sowohl privat als auch beruflich. Berts Vorliebe für die Unterwasserwelt führte dazu, dass er sich in den niederländischen Streitkräften zur Tauchertruppe einteilen ließ. Obwohl die Armee ihm seine gesamte Ausrüstung zur Verfügung stellte, benutzte er ausschließlich seine persönliche Fifty Fathoms als Unterwasser-Zeitmessgerät. Nach seinen Jahren als Soldat folgte eine Karriere als Berufstaucher bei einem Unternehmen für Unterwasserbergungen und -reparaturen. Wie zuvor erfüllte seine Fifty Fathoms bei den Tauchgängen die wichtige Rolle der Zeitmessung.Diese Uhr erwies sich als außergewöhnlich robust. Ganze 45 Jahre regelmäßiger Benutzung vergingen zwischen jenem ersten Tag mit seinen Eltern im Tauchsportgeschäft und der ersten Wartung. Leider betraute er damit einen lokalen Uhrmacher, der kein Spezialist für alte Uhren war und das Werk beschädigte. In der Folge schickte Bert seine Fifty Fathoms Barakuda für die Reparatur an Blancpain.

Diese Uhr erwies sich als außergewöhnlich robust. Ganze 45 Jahre regelmäßiger Benutzung vergingen zwischen jenem ersten Tag mit seinen Eltern im Tauchsportgeschäft und der ersten Wartung. Leider betraute er damit einen lokalen Uhrmacher, der kein Spezialist für alte Uhren war und das Werk beschädigte. In der Folge schickte Bert seine Fifty Fathoms Barakuda für die Reparatur an Blancpain. 

Von 2003 an erweckte Marc A. Hayek als CEO von Blancpain das Erbe der Fifty Fathoms zu neuem Leben. Dabei tauchte er in die Geschichte dieses Zeitmessers ein und fühlte sich sofort zu diesen Vintage-Stücken hingezogen. Ihm war augenblicklich klar, dass die Pflege der Vintage-Stücke ein wesentliches Element der Wiederbelebung der Fifty Fathoms in der modernen Kollektion war. Zum Glück konnte er von einem selbständigen Uhrmacher einen ordentlichen Satz Bestandteile erwerben, die dieser bei Branchenkollegen in der Schweiz und in Frankreich zusammengekauft hatte. Der nächste Schritt bestand darin, ein Team von Blancpain-Uhrmachern zusammenzustellen, die sich für die Vintage-Stücke begeisterten und unbedingt ihre Geheimnisse ergründen wollten. Bei der Auswahl der Uhrmacher wurde auch darauf geachtet, ob sie genügend Verständnis dafür hatten, wie weit sie bei ihren Eingriffen gehen durften, wenn es um ästhetische Belange ging. Im Allgemeinen gehört dies bei Uhren aus aktuellen Kollektionen nicht zum Service, ist aber bei der Wartung von Vintage-Modellen eine zentrale Frage. Außerdem mussten diese Uhrmacher die immer seltener werdenden Fertigkeiten der manuellen Herstellung einzelner Komponenten beherr- schen. In der Folge wurde in der Blancpain-Manufaktur in Le Brassus eine separate Werkstatt für ein spezialisiertes Team eingerichtet, das in der Lage war, diesen Vintage-Service zu bieten. Angesichts des dafür erforderlichen Fachwissens überrascht es eigentlich nicht, dass dieses Atelier im selben Gebäude untergebracht ist wie die Werkstatt für komplizierte Uhren. Dieses Atelier war Ziel für Berts Fifty Fathoms Barakuda.

Das VINTAGE-ATELIER von Blancpain

Jeder Zeitmesser, der zu Wartungszwecken in der Vintage-Abteilung eintrifft, wird einer UMFASSENDEN TECHNISCHEN ANALYSE unterzogen.

Um ein Gefühl für die einzigartige Spezialität der Restaurierung alter Uhren zu bekommen, wollen wir Berts Uhr und einige andere Beispiele auf ihrem Weg durch diese Werkstatt begleiten.

Als Berts Uhr in Le Brassus eintraf, wurde sie, wie bei allen Einlieferungen üblich, einer umfassenden Analyse unterzogen. Das Gehäuse, das Zifferblatt und – nach Öffnung des Gehäusebodens – auch das Uhrwerk wurden sorgfältig untersucht, um sicherzustellen, dass die Uhr eine echte Blancpain war. Andernfalls wäre sie retourniert worden. Teil dieser ersten Prüfung ist bei allen Fifty-Fathoms-Uhren ein Strahlungstest. Wie in früheren Ausgaben der Lettres du Brassus ausführlich beschrieben, wurden zahlreiche dieser Taucheruhren von militärischen Verbänden in Auftrag gegeben, die vorschrieben, dass die Zeiger und übrigen Anzeigen auf dem Zifferblatt und der Lünette mit einem Leuchtstoff (ursprünglich Radium; später ersetzt durch Promethium 147) beschichtet werden mussten, damit sie di Zeit in der Dunkelheit ablesen konnten, was besonders unter Wasser höchst wichtig ist. Das war denn auch der Grund, wieso Blancpain eine Fifty-Fathoms-Serie mit dem Vermerk „No Radiations“ auf dem Zifferblatt einführte, um den Besitzern zu versichern, dass die Uhr nicht nach militärischen Leuchtkraft-Spezifikationen produziert worden war. Denn im Gegensatz zu diesen intensiv radioaktiven Verbindungen verwendete man für die zivilen Uhren das nur schwach radioaktive Tritium. Die Messung der Strahlungsemissionen ist in diesem frühen Wartungsstadium wichtig, um zu entscheiden, ob das Zifferblatt und die Zeiger restauriert werden können oder nicht. Weist der Test radioaktive Verbindungen nach, müssen Zifferblatt und Zeiger so belassen werden, wie sie sind, ohne sie zu restaurieren. Da es sich bei Berts Uhr mit Sicherheit um ein ziviles Modell handelte, das in einem örtlichen Tauchgeschäft gekauft worden war, ergab der Strahlungstest erwartungsgemäß nur das Vorhandensein von Tritium mit seiner problemlosen Radioaktivität.

Diese technisch-diagnostische Analyse resultiert in einem Bericht, der mit Fotos des Gehäuses, Zifferblatts und der Zeiger, des Gehäusebodens und des Uhrwerks illustriert ist. Nun stehen Entscheidungen an, die der Uhrmacher und der Besitzer gemeinsam besprechen. Wie weit soll die Restaurierung gehen? Ist das Gehäuse zerkratzt, was bei einer Taucheruhr nach mehr als einem halben Jahrhundert militärischer und beruflicher Taucheinsätze der Fall sein dürfte, stellt sich die Frage, bis zu welchem Grad diese Kratzer behandelt werden sollen. Blancpain empfiehlt, nur minimale Eingriffe vorzunehmen. Ein Polieren, um alle Kratzer zu entfernen, würde wahrscheinlich zu weit gehen. Es könnte die Gravuren auf dem Gehäuseboden stumpf werden oder gar verschwinden lassen und, vielleicht noch schlimmer, die Form des Gehäuses leicht verändern. Praktisch alle Besitzer von Vintage-Stücken sind mit dieser sanften Vorgehensweise einverstanden. Das gilt auch für das Zifferblatt. Eine schonende Reinigung ist meist das Gebot der Stunde. Soweit die Markierungen altersbedingt etwas abgenutzt sind, greift man nicht ein. Ein Nachlackieren würde der Uhr nicht nur die Patina des Alters rauben, sondern auch ihre Legitimität als Vintage-Stück beeinträchtigen. Diese Aspekte und die Auswahlmöglichkeiten werden dem Besitzer oder der Besitzerin immer zur Entscheidung vorgelegt.

All diese Fragen wurden bei der Untersuchung von Berts Uhr aufgeworfen. Der Gehäuseboden mit den Inschriften „Blancpain Stainless Steel Swiss“, „Super Waterproof-Shock Protected-Automatic-Antimagnetic“ und natürlich der Gehäusenummer wies zwar tiefe Kratzer auf. Dennoch galt es, ein zu tiefes Polieren zu vermeiden und diese wichtigen Gravuren im Wesentlichen unangetastet zu lassen. Wie viele zivile Modelle besitzt auch Berts Fifty Fathoms Barakuda ein Datumfenster. Unter dem Mikroskop wiesen die gedruckten Ziffern des Datumrings Anzeichen von leichtem Lochfraß auf. Nachdem man sich vergewissert hatte, dass dies keine erhöhten Ablagerungen verursachte, die das Kreisen der Zeiger behindert hätten, wurde beschlossen, die ursprüngliche Bedruckung und damit auch den Vintage-Look zu bewahren.

Das VINTAGE-ATELIER von Blancpain
Das VINTAGE-ATELIER von Blancpain
Das VINTAGE-ATELIER von Blancpain

Ein vollständiger Service umfasst die Kontrolle von UHRWERK, GEHÄUSE, ZIFFERBLATT, UHRGLAS und ZEIGERN.

Ein mechanischer Aspekt des Gehäuses erforderte jedoch Aufmerksamkeit. Da diese Barakuda Fifty Fathoms der DNA dieser Linie seit der ersten Version von 1952 treu bleibt, verfügt sie über eine Drehlünette für das Messen des Tauchgangs. Der Sperrmechanismus der Lünette ist mit einer feinen Rundfeder ausgestattet, um den Drehring in Position zu halten. Diese Feder war im Lauf des halben Jahrhunderts, in dem die Uhr im Einsatz war, leicht verbogen worden. Die Uhrmacher in Le Brassus stellten ihre ursprüngliche Form sorgfältig von Hand wieder her und überprüften das einwandfreie Funktionieren des Mechanismus.

Zwei kosmetische Eingriffe waren erforderlich. Der erste betraf das Uhrglas, das bei dieser Version der Fifty Fathoms aus dickem Mineralglas bestand. Saphirglas, heute die Norm, kam in der Schweiz erst in den 1990er Jahren allgemein zum Einsatz, also lange nach der Fertigung dieser Uhr. Das ursprüngliche Mineralglas war stark zerkratzt und abgesplittert. Beides würde die Wasserdichtigkeit und Robustheit jeder Uhr nach der Wartung erneut gefährden. In diesem Fall ganz besonders, ist doch dieser Zeitmesser für eine Wasserdichtigkeit bis 1000 Meter konzipiert (das Zifferblatt trägt tatsächlich die Aufschrift „Fifty Fathoms 1000“). Der Ersatz war also notwendig. Allerdings konnte nicht einfach das alte, abgenutzte Glas durch ein neues ersetzt werden. Heute werden dünnere Mineralgläser als zu Entstehungszeit von Berts Uhr verwendet. Deshalb fertigte das Vintage-Atelier von Hand einen speziellen Montagering an, um das dünnere neue Glas sicher und wasserdicht einzupassen.

Der zweite ästhetische Bereich, der behandelt wurde, waren die Zeiger, die bei der letzten Wartung so unsorgfältig montiert worden waren, dass sie aneinanderrieben und die Farbe abplatzte. Hier war eine Neulackierung notwendig, die das Vintage-Erscheinungsbild der Uhr nicht beeinträchtigte. Zunächst entfernten die Uhrmacher die gesamte ursprüngliche Farbe und richteten dann die Zeiger von Hand. Danach lackierte man sie neu und beschichtete sie anschließend mit Superluminova®. Die Neulackierung erforderte mehr als sorgfältiges Arbeiten mit einem feinen Pinsel, denn der Farbton musste der gealterten Farbe des Zifferblatts angepasst werden. Die Vintage-Werkstatt hält eine Reihe von Farbnuancen bereit, die gemischt werden können, um diese Übereinstimmung beim neuen Lackieren der Zeiger zu erreichen.

Sowohl der Zahn der Zeit nach 45 Jahren Gebrauch ohne Wartung als auch ein anschließend schlecht durchgeführter Service machten umfangreiche Arbeiten am Uhrwerk notwendig. Das Werk wies nicht nur Anzeichen von Korrosion auf, viele Komponenten erforderten auch besondere Aufmerksamkeit. Am schwerwiegendsten beschädigt waren das Minutenrohr, die Kupplungstriebe und der Aufzugritzel. Sie mussten alle ersetzt und die Unruhzapfen sowie viele Schrauben neu poliert werden.

In vielen Fällen erfordert die Restaurierung eines Uhrwerks die selten gewordenen Fertigkeiten älterer Uhrmacher bei der Anfertigung von Einzelteilen. Im Atelier ist gerade ein Beispiel in Arbeit: eine frühe Fifty Fathoms, die von LIP, einem der bekannten französischen Uhrengeschäfte jener Zeit, verkauft worden war und die neben der Blancpain-Signatur das LIP-Logo auf dem Zifferblatt trug. Bei dieser Uhr musste man nicht nur die Aufzugfeder austauschen. Es galt auch, mehrere Schrauben, darunter die große Schraube für das an der Federwelle befestigte Federhaus-Sperrrad, sowie zwei weitere Komponenten von Grund auf neu anzufertigen.

Die Hauptplatine der Uhr hatte einen Drehzapfen ohne Rubineinlage (ein Drehzapfen ist eine Art Lager für eine Welle). Deshalb hatte er sich im Lauf der Zeit so abgenutzt, dass sein Durchmesser etwas vergrößert und leicht oval geworden war. Die Lösung des Uhrmachers bestand darin, das Loch auszuweiten, was natürlich seine runde Form wiederherstellte, und einen Bouchon genannten Einsatz anzufertigen, dessen Innendurchmesser demjenigen des ursprünglichen Zapfens entsprach. Dafür schnitten die Uhrmacher einen Kupfer-Beryllium-Stab auf die richtige Länge zu, bohrten das Mittelloch auf einer alten Drehbank und polierten dann sorgfältig das neu geformte Kräglein. Das zweite neu anzufertigende Bauteil war eine Unterlegscheibe.

Das Auftragen des neuen Leuchtstoffs ist der letzte Schritt der manuellen Restaurierung. 

Das Auftragen des neuen Leuchtstoffs ist der letzte Schritt der manuellen Restaurierung. 

Nach der Reinigung und Restaurierung der Einzelteile wird das Werk wieder montiert.

Nach der Reinigung und Restaurierung der Einzelteile wird das Werk wieder montiert.

Auch Schrauben mit einzigartigen und unterschiedlichen Formen müssen häufig von Hand hergestellt werden. Ein Beispiel dafür lieferte kürzlich die Wartung der seltensten Blancpain-Uhr aus den 1950er Jahren, des Chronographen Air Command. In diesem Uhrwerk dienen Schrauben mit exzentrischen Köpfen für die Feineinstellung der Chronographenelemente. Bei der Montage der Uhr werden diese Schrauben verwendet, um den Eingriff der Räder im Chronographengetriebe und die Betätigung der Bremse einzustellen.1 Die exzentrische Form ermöglicht es dem Uhrmacher, den Abstand dieser kritischen Komponenten durch Drehen des Schraubenkopfs in verschiedene Positionen präzise zu justieren. Für den Service an dieser Vintage Air Command wurden stark beschädigte Exzenter durch neue ersetzt, die man in der Vintage-Werkstatt von Hand anfertigte.

1 Im Uhrwerk der Air Command steuert eine horizontale Kupplung den Chronographen-mechanismus. Startet der Chronograph, greifen Räder in die feine Zahnung eines Rads ein, das am Trieb der Chronographensekunde befestigt ist. Dieser Eingriff muss genau eingestellt werden. Greifen die Zähne zu tief ein, bleibt die Uhr stehen; ist der Eingriff nicht tief genug, ruckelt der Zeiger. Ebenso muss die Bremse beim Starten und Stoppen des Chronographen genau im richtigen Moment aus- und wieder einrasten. Dies alles kann der Uhrmacher durch sorgfältiges Einstellen der Exzenterschrauben steuern.

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Die Vintage Air Command.

Die Vintage Air Command.

Das VINTAGE-ATELIER von Blancpain

In der Ladybird tickt mit nur 11,85 mm Durchmesser das KLEINSTE RUNDE MECHANISCHE UHRWERK DER WELT.

Das VINTAGE-ATELIER von Blancpain

Die Wartung der Ladybird mit ihrer Unruh von nur 5 mm Durchmesser erfordert ein BESONDERES KÖNNEN.

Einer der großen Erfolge der Ära Betty Fiechter/Jean-Jacques Fiechter bei Blancpain war die Ladybird, die mit dem kleinsten runden Uhrwerk der Welt aufwarten konnte. Dieses zeichnete sich nicht nur durch seinen zierlichen Durchmesser, sondern auch durch seine Robustheit aus. Ein anderes Uhrenhaus brachte etwa zur gleichen Zeit ein anderes kleines rechteckiges Werk heraus, handelte sich aber für etwas mehr Größe eine erhöhte Glasbruchgefahr ein.2 Einen vergleichbaren Kompromiss gab es beim Design der Ladybird nicht. Dennoch wurden für die Produktion nur die besten Uhrmacher von Blancpain eingesetzt. Und heute erfordert die Wartung der Ladybird in der Vintage-Werkstatt ebenfalls besondere Fertigkeiten.

2 Nach dem Erscheinen der Ladybird Kaliber 550 entwickelte Blancpain auch ein sehr kleines rechteckiges Werk (der Fachausdruck ist Baguette- oder Stabuhrwerk), das Kaliber 59.

Das VINTAGE-ATELIER von Blancpain

Die größte Herausforderung bei der Arbeit am Ladybird-Werk ist die Unruh. Sie ist mit nur 5 Millimetern Durchmesser eine der kleinsten, die je in der Schweiz hergestellt wurden. Ihre Spiralfeder ist so klein, dass es selbst mit einer kleinen Pinzette fast unmöglich ist, sie nach der Montage in der Unruh zu manipulieren. Muss bei einer Wartung die Form der Feder korrigiert werden, baut sie der auf den Ladybird-Service spezialisierte Uhrmacher deshalb aus. Nach dem Ausbau kann er die flache Form und Konzentrizität der Spiralfeder wiederherstellen. Die Feder ist so fein und fragil, dass der Uhrmacher beim Justieren ihrer Form sehr sorgfältig und mit Fingerspitzengefühl vorgehen muss. Und nach dem Wiederherstellen der Form gilt es, die Spiralfeder wieder vorsichtig in die Unruh einzusetzen, ohne ihre Form zu verändern.

Das VINTAGE-ATELIER von Blancpain
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Kalibrierung der Unruhspiralfeder mit traditionellen Werkzeugen.

Kalibrierung der Unruhspiralfeder mit traditionellen Werkzeugen.

Das VINTAGE-ATELIER von Blancpain

CHARAKTERISTISCH für viele Restaurierungsarbeiten im Vintage-Atelier ist der EINSATZ ALTER WERKZEUGE.

Die Unruh ist nicht die einzige Komponente des Ladybird-Werks, deren geringe Größe ungewöhnliche Herausforderungen mit sich bringt. Auch das Federhaus mitsamt seiner Zugfeder ist äußerst klein. Obwohl die Triebfeder nicht so empfindlich ist wie die Unruhspirale, ist die Herstellung einer neuen Triebfeder für das zierliche Ladybird-Federhaus weitaus schwieriger als bei Uhren mit konventionellen Dimensionen. Alles ist nicht nur kleiner, auch die Legierung der Feder ist fragiler und erfordert besondere Sorgfalt bei der Formgebung und dem Einbau in die Federhaustrommel.

Charakteristisch für viele der verschiedenen Restaurierungsarbeiten im Vintage-Atelier ist der Einsatz alter Werkzeuge. Es ist zwar verlockend, dies als eine spirituelle Verbindung zu den Vintage-Uhren zu verstehen, doch hat diese Verwendung einen praktischen Grund. Diese Werkzeuge, von denen viele ein halbes Jahrhundert alt sind, eignen sich ideal für die von den Uhrmachern genutzten handwerklichen Verfahren, oft weit besser als viele der neusten Instrumente. Am wichtigsten ist, dass die manuelle Fertigung mit diesen Werkzeugen Komponenten ergibt, die den Standards und Stilen der Originale entsprechen, wodurch die Authentizität der Uhr erhalten bleibt. Der Bestand an alten Werkzeugen in der Werkstatt ist so wertvoll, dass Mitglieder dieses Teams die gesamte Schweiz durchkämmten, um sie zu beschaffen, und meist bei pensionierten Uhrmachern fündig wurden.

Zuletzt gilt es bei diesem Restaurierungsprozess die Ganggenauigkeit zu regulieren und – bei Fifty-Fathoms-Uhren besonders wichtig – die Wasserdichtigkeit zu kontrollieren. Für die letztere erfolgt der erste Schritt eigentlich schon zu Beginn der Wartung. Der Uhrmacher untersucht das Gehäuse sorgfältig, um festzustellen, ob es irgendwelche Schäden gibt, die die Dichtung beeinträchtigen könnten, und entfernt sämtliche Korrosionsspuren am Gehäuse. Bei diesem werden alle Aspekte unter die Lupe genommen. So wird das Rohr, durch das der Kronenschaft führt, auf Verschleiß untersucht. Gibt es Zweifel an seinem Zustand, wird ein neues Rohr von Hand auf einer alten Drehbank hergestellt. In ähnlicher Weise prüft man die Gehäusebodendichtung, indem normalerweise der Gummiring ersetzt wird. Natürlich wird man auch das Glas beurteilen und bei Anzeichen von Mängeln ersetzen, wie oben bei Berts Uhr erwähnt.

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Das Aufziehen einer neuen Triebfeder im Federhaus.

Das Aufziehen einer neuen Triebfeder im Federhaus.

Das VINTAGE-ATELIER von Blancpain

Jede Uhr wird getestet, bevor sie die Werkstatt verlässt. DIE TESTERGEBNISSE werden dem Besitzer zusammen mit der Uhr zugestellt.

Bei den Fifty-Fathoms-Modellen führt man nach dem Warten und erneuten Zusammenbau des Gehäuses zwei Tests durch. Beim ersten wird das Gehäuse bei –5 bar in ein wassergefülltes Druckgefäß gelegt, um festzustellen, ob Blasen austreten, was auf ein Problem hinweisen würde. Der zweite Drucktest wird in einer Druckluftkammer durchgeführt. Dabei prüft man, ob sich das Uhrglas unter hohem Druck verformt. Bei den Regulierungstests kontrolliert man nicht nur die Ganggeschwindigkeit der Uhr in sechs verschiedenen Positionen, sondern auch die Amplitude der Unruhschwingungen und den regelmäßigen Schlag der Hemmung. Bei der Rücksendung an den Besitzer legt man die Ergebnisse der Tests dem Zeitmesser bei.

Blancpains CEO Marc A. Hayek sagte zu Recht: „Diese Uhren leben ewig.“ Ihre Zukunft ist dank den fürsorglichen Händen des Teams in den Vintage-Ateliers gesichert.

Kapitel 02

Eine bedeutende FRAU

Sie war als erste Frau Eigentümerin und Präsidentin eines Schweizer Uhrenhauses und trotzte an der Spitze von Blancpain schwierigen Zeiten wie der Weltwirtschaftskrise, dem Zweiten Weltkrieg, dem plötzlichen Tod ihres Geschäftspartners und dem Aufkommen der Quarzuhr.

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